Aneinander vorbeigeredet
Meine Tochter hatte gekocht. Nach dem Kochen blieb eine offene Flasche Olivenöl ohne Deckel stehen. Ich konnte den Deckel nicht finden, um die Flasche zu verschließen und fragte meine Tochter.
„Hast Du irgendwo den Deckel der Olivenölflasche gesehen?“
Kurz hob meine Tochter den Blick vom Smartphone und sagte: „Ja“, um sich sofort wieder ihrem Smartphone zuzuwenden.
Etwas irritiert angesichts der Antwort, fragte ich sicherheitshalber noch mal nach: „Hast du verstanden, was ich dich gerade gefragt habe?“
„Ja“, sagte sie „habe ich”, und setzte hinterher: „Ich kümmere mich gleich drum.“
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Okay dachte ich beruhigt und wandte mich anderen Dingen zu.
Zehn Minuten später stand meine Tochter entrüstet vor mir. „Mama, da war gar keine Ketchupflasche, was du immer hast!“
Verdutzt schaute ich sie an und brauchte einen Moment, um einen Zusammenhang herstellen zu können.
Dann brach ich in schallendes Gelächter aus: „Ich hatte dich gebeten, den Deckel der Olivenölflasche zu suchen, von Ketchup war nie die Rede.“
Was war passiert?
Ich hatte meinem Impuls folgend, nochmals nachgefragt, ob meine Frage von ihr verstanden wurde.
Womit ich verstanden werden wollte, hatte ich nicht wiederholt.
Das hat mir sehr deutlich vor Augen geführt, dass Senden und Empfangen unterschiedliche Dinge sind.
Wie beim „Stille-Post-Spiel“ gehen Informationen bei der Übertragung von Nachrichten verloren oder werden anders aufgenommen.
Bereits an dieser Stelle lassen sich Missverständnisse und daraus resultierende Konflikte vermeiden, indem wir nachfragen, was genau beim Gegenüber denn wirklich angekommen ist.
In diesem Fall hätte ich festgestellt, dass meine Tochter „Ketchup“ statt „Olivenöldeckel“ hörte.
Verrückt oder?